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Rumäniens Kirchenburgen
- Kirchenburg in Cristian/Grossau
[1]
- © FG DPF
Seit August 2011 läuft ein
Forschungsprojekt, welches vom Fachgebiet Denkmalpflege am Institut
für Stadt- und Regionalplanung in Kooperation mit der Evangelischen
Kirche A. B. in Rumänien (EKR) durchgeführt wird. Das Augenmerk
dieses vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
(BKM) geförderten Vorhabens liegt auf den rund 150 Kirchenburgen der
siebenbürgischen Kirchenburgenlandschaft.
Geschichtsträchtige Kirchenburgen
Ungarische
Herrscher, die das Gebiet des heutigen Siebenbürgens seit dem 10.
Jahrhundert schrittweise eroberten, nutzten die strategisch
vorteilhafte Lage der Region als Pufferzone gegen östliche und
südliche Nachbarn. Ab Mitte des 12. Jahrhunderts wurden gezielt die
deutschstämmigen sogenannten Siebenbürger Sachsen in den
Grenzgebieten angesiedelt. Sie sollten das Land weiter erschließen
und gegen feindliche Angriffe aus dem Südosten abschirmen. Im
Gegenzug erhielten sie zahlreiche Privilegien. Nachdem bereits der
Mongolensturm in der Mitte des 13. Jahrhunderts schwere Zerstörungen
in der Region angerichtet hatte, nahmen seit dem 15. Jahrhundert
die Bedrohungen durch marodierende osmanische Reiterheere – der
sogenannten „Renner und Brenner“ – zu, die Siedlungen
brandschatzend und raubend heimsuchten. In ihrer Not befestigten die
Bewohner ihre Kirchen zu Schutz- und Verteidigungsbauwerken.
Ringmauern und Wehrtürme entstanden ebenso wie Nebengebäude, in den
Vorräte und wichtige Gerätschaften gelagert wurden.
Bedrohung eines Weltkulturerbes
Die Dichte und
Vielfalt dieser Wehrbauten, die im Laufe der folgenden
Jahrhunderte sukzessive aus- und umgebaut wurden, ist heute in
Siebenbürgen weltweit einmalig. Sechs siebenbürgisch-sächsische
Kirchenburgen sind Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes, 116 weitere
sind der höchsten rumänischen Denkmalkategorie zugeordnet. Der
Erhalt der Kulturdenkmäler ist heute nicht einfach, weil mit den
Siebenbürger Sachsen in den letzten Jahrzehnten die Erbauer und
Nutzer größtenteils ausgewandert sind. Die Evangelische Kirche A.B.
in Rumänien, der die Bauwerke gehören, verlor in den letzten
Jahrzehnten rund 90 Prozent ihrer Mitglieder und kann heute den
langsamen Verfall dieses wertvollen europäischen Kulturerbes allein
nicht mehr aufhalten.
Synergieeffekte zum Erhalt
des Kulturerbes
Die Aufgabe des
Forschungsprojektes besteht zunächst darin, vorhandene Potentiale
für den Erhalt der Bauwerke über eine Bestandsaufnahme von
Kirchenburgen und der umgebenden Kulturlandschaft zu identifizieren.
Anschließend wird eine Konzeption für eine nachhaltige Sicherung und
Entwicklung der Gebäude erarbeitet. Ein langfristiger Erhalt
erfordert nach einer Instandsetzung angepasste Formen der
Nutzungserweiterung. Ansatzpunkte bietet vor allem der
Kulturtourismus. Die zielgerichtete Nutzung von Pfarrhäusern, Schulen
und Kulturhäusern, die häufig in direkte Nachbarschaft der
Kirchenburgen erbaut wurden, eröffnet Entwicklungsmöglichkeiten. Die
Suche nach geeigneten Partnern für derartige Vorhaben, die so den
Erhalt der Kirchenburgenlandschaft unterstützen können, wird Teil
der Konzeption sein. Die steigende Nachfrage nach Gebäuden für
Museen und Ausstellungen sowie Gästezimmer und Gastronomie deuten auf
die vorhandenen Potenziale hin. Die Pull-Faktoren sind jedoch die
Kirchenburgen selber, die auf Grund ihrer hohen kunsthistorischen
Bedeutung eine zunehmende Anzahl von Touristen anziehen. Ihr Erhalt
wird auf Grund der Auswanderung der Siebenbürger Sachsen sowie
weiterer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen in der
Region in den letzten Jahrzehnten zunehmend zu einer multiethnischen
regionalen Gemeinschaftsaufgabe.
Für weitere Informationen werden sie hier [2] auf
die Leitstelle Kirchenburgen weitergeleitet.
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